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Therapien – Welche Möglichkeiten gibt es?

In diesem Abschnitt möchten wir euch die verschiedenen Therapiemöglichkeiten von LHON vorstellen und diese näher erläutern.

Zunächst lässt sich sagen, dass es hier zwei übergeordnete Therapieansätze gibt: einen, der auf Medikation zurückgreift und einen, der auf das Durchführen einer Gentherapie abzielt, wobei nur letzterer an der eigentlichen Ursache des Gendefektes ansetzt. 

Im ersten Teil dieses Artikels werden wir Idebenon und Raxone® vorstellen.  Im zweiten Teil wollen wir dann näher auf den in den letzten Jahren stark forcierten, gentherapeutischen Ansatz eingehen, in den seit den jüngsten Forschungsergebnissen große Hoffnungen von vielen Seiten gesetzt werden. 

Was ist Idebenon?

Idebenon ist ein antioxidativer Wirkstoff, der synthetisch hergestellt wird . Antioxidantien, zu denen auch Idebenon zählt, haben die Wirkung, die Oxidation anderer Substanzen zu verlangsamen oder ganz zu verhindern. Durch die Hemmung bestimmter Oxidationsprozesse ist Idebenon dazu in der Lage, Zellmembranen und (für LHON-Patienten ganz besonders von Bedeutung) Mitochondrien vor freien Sauerstoffradikalen zu schützen. Diese freien Sauerstoffradikale können dazu führen, dass die retinalen Ganglienzellen, welche zur Netzhaut gehören, beschädigt werden, was zu einer weiteren Verschlechterung der Sehkraft führen kann. 

Die LHON führt dazu, dass die Energieproduktion in den Mitochondrien der Ganglienzellen gestört wird, und die Informationen, die über die Rezeptoren der Netzhaut aufgenommen werden, nur fehlerhaft an das Gehirn weitergeleitet werden können. Idebenon soll nun, wie eingangs bereits beschrieben, die Mitochondrien vor freien Sauerstoffradikalen schützen und darüber hinaus die ATP-Synthese (ATP bedeutet Adenosin-Tri-Phosphat und ist insbesondere für den Energiehaushalt der Zellen zuständig ) wieder normalisieren. Wenn das Idebenon wirkt, führt dies dazu, dass die Funktion der retinalen Ganglienzellen verbessert wird, Informationen besser an das Gehirn weitergeleitet werden können, und sich das Sehvermögen des Patienten letztendlich positiv entwickelt .

Idebenon ist dem körpereigenen Coenzym Q10 in der chemischen Verbindung sehr ähnlich, welches ebenfalls eine Rolle in der oben beschriebenen Energiesynthese spielt. 

Anmerkung: In der Literatur findet man zwei verschiedene Schreibweisen für Idebenon, eine deutsche (die wir auch in diesem Artikel verwendet haben) als auch eine englische (Idebenone). 

Raxone®

… ist ein speziell für LHON-Patienten entwickeltes Medikament, das zu einem wesentlichen Bestandteil den Wirkstoff Idebenon enthält. Die Therapie ist seit 2015 für die symptomatische Behandlung von LHON in der EU zugelassen. In Deutschland wird die Therapie mit Raxone® von den hiesigen Krankenkassen i.d.R. nach ärztlicher Verordnung auf Rezept  übernommen. Im Vergleich zum reinen Wirkstoff Idebenon hat Raxone® eine spezielle Ausrichtung durch eine entsprechende Zusammensetzung. 

Raxone® soll dreimal täglich in Form von zwei Tabletten (Gewicht einer Tablette beträgt 150mg) über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren zu Mahlzeiten mit Flüssigkeit eingenommen werden. Sollte in diesem Zeitraum keine Verbesserung der Sehkraft erreicht werden, wird meistens empfohlen, das Medikament abzusetzen. Wichtig ist auch, dass nur Symptome behandelt werden und es somit nicht zur Vorsorge/Prävention geeignet ist.

Ursprünglich entwickelt vom Schweizer Pharmaunternehmen Santhera, wurde Raxone® 2019 mit der Rare-Diseases Sparte über eine Lizenzvereinbarung vom italienische Unternehmen Chiesi übernommen, welches ebenfalls in der pharmazeutischen Industrie tätig ist, und von dem es seitdem auch vertrieben wird. 

Das Medikament soll helfen, die Energieproduktion durch die Wiederherstellung der Funktion der Mitochondrien zu verbessern. Ferner soll die Ennergieversorgung in den Ganglienzellen wieder normalisiert und freie Radikale unschädlich gemacht werden. Dies kann zu einer Verbesserung der Sehschärfe führen. Raxone® wird von den deutschen Krankenkassen übernommen. Es wird in Form von 3×2 Tabletten dargereicht und sollte mit Flüssigkeit zur Nahrung eingenommen werden. Wichtig ist auch, dass nur Symptome behandelt werden und es somit nicht zur Vorsorge/Prevention geeignet ist.

Weitere Informationen zur Therapie mit Raxone®  können von Augenärztin oder den Fachzentren erteilt werden.

Weiterführende Informationen

Gentherapie

Da die LHON als Ursache einen Gendefekt hat, der sich auf die Energieproduktion am Sehnerv auswirkt, liegt es nahe bei der Behandlung am Kern des Problems anzusetzen – der fehlerhaft codierten Erbsubstanz. 

Unter dem Namen Bilateral Visual Improvement with Unilateral Gene Therapy Injection for Leber Hereditary Optic Neuropathy erschien im Dezember 2020 ein Artikel in der wissenschaftlichen Zeitschrift Science Translational Medicine der auf Basis von Daten einer Phase III Studie, eine nachhaltige Verbesserung der Sehfähigkeit auf beiden Augen dokumentiert. Die randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Studien wurden in Kooperation von sieben Zentren weltweit durchgeführt. Als Probanden wurden 37 LHON Betroffene mit der Mutation 11778 in der Frühphase (bis 12 Monate nach Ausbruch) in die Studie eingeschlossen. Von deutscher Seite aus war das LMU Klinikum (Ludwig Maximilians Universität) unter der Leitung von Prof. Dr. med. Thomas Klopstock (Friedrich-Baur-Institut) und Prof. Dr. med. Günther Rudolph beteiligt. 

Wie wird die Gentherapie durchgeführt?

Bei der hier angewendeten Gentherapie wird die Eigenschaft von Viren, die Erbinformationen anderer Zellen mit denen ihres eigenen genetischen Materials zu überschreiben, zunutze gemacht. In diesem Fall codiert man die Erbsubstanz des Virus jedoch so, dass es den ‚gesund‘ codierten Abschnitt der mitochondrialen DNS, auch Wildtyp-Kopie genannt, enthält. Dieses Virus mit der Wildtyp-Kopie wird dann in ein Gel eingebettet, welches dann mittels einer intravitrealen Injektion an die Netzhaut angesetzt wird. Intravitreale Injektion bedeutet, dass eine Spritze in den Glaskörper des Auges eingeführt wird. Was sich auf den ersten Blick für manche etwas unangenehm anhört, verläuft in der Praxis wesentlich reibungsloser, da der Glaskörper zuvor betäubt wird. Alle 37 Patienten mit der Mutation 11778, die an der oben genannten Studie teilgenommen haben, durften sich über Verbesserungen freuen: Im Durchschnitt verbesserte sich die Sehfähigkeit auf dem behandelten Auge um 15 Buchstaben auf der Sehtafel. Durch die Gentherapie verbesserte sich jedoch auch das andere Auge, im Durchschnitt um 13 Buchstaben. Dies sorgte auf Seiten der Forschung zeitweise für Unklarheiten , da in der Studie nur einem Auge die Gentherapie gespritzt wurde, dem anderen Auge ein Placebo. Mittlerweile hat man dafür die Erklärung gefunden, dass die Substanz über den Sehnerv auf beide Augen verteilt wird. 

Die Bedeutung der Resultate dieser Studie ist wegweisend, da sie nicht nur für LHON-Patienten eine aussichtsreiche Perspektive für die nähere Zukunft darstellt, sondern auch für viele Erkrankte anderer Arten von Mitochondriopathien. So sagte der federführende Leiter Prof. Dr. med. Klopstock: „Diese Gentherapie bedeutet einen deutlichen Fortschritt in der Behandlung von LHON, die erreichte Besserung der Sehkraft ist für die Patienten eine große Erleichterung. Die Bedeutung der Studie geht aber weit darüber hinaus: Sie zeigt, dass man Defekte des mitochondrialen Erbguts auf diese Weise behandeln kann, und eröffnet somit das Feld der Gentherapie auch für viele andere mitochondriale Erkrankungen.“ 

Das französische Unternehmen “Gensight“, das die Forschung der Gentherapie namens „Lumevoq®“ geführt haben, hat bereits einen Zulassungsantrag bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) gestellt. Eine diesbezügliche Entscheidung wird für Ende 2021 bis Anfang 2022 erwartet. 

Die Informationen zur Gentherapie werden hier fortlaufend aktualisiert.

Weiterführende Informationen

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